Diakonische Basisgemeinschaft in Hamburg
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Leben in Gemeinschaft
Mut zu Visionen

Unsere Kapelle zu Erntedank: Es gibt viel zu danken, denn wir sind 2017 wieder reich beschenkt worden.

von Birke Kleinwächter/ Dezember 2017

Als ich Ende September zum Wahllokal ging, dachte ich über meine Hausgemeinschaft nach: Wir sind 20 Men-schen, aber nur fünf von uns waren wahlberechtigt, alle anderen zu jung oder ohne deutschen Pass.

Wochenlang saß eine vergleichsweise kleine Gruppe von PolitikerInnen zusammen und versuchte, auf einen Nenner zu kommen über ihre Ziele und Interessen, die doch alle BürgerInnen dieses Landes betreffen. Zum Thema Flucht ist ihnen außer der Obergrenze nicht viel eingefallen. Maßgeblich schien für sie zu sein, möglichst viel von ihren eigenen Parteiprogrammen durchzusetzen. Ich frage mich, ob Politi-kerInnen jemals zusammensitzen und sich über ihre Visionen austauschen – so sie welche haben. Und ich überlege, ob sie z.B. Obdachlose treffen und sich von ihrem Schicksal anrühren lassen. Es betrifft ja nicht nur Brot & Rosen, dass nicht alle Menschen wahlberechtigt sind, aber alle die Konsequenzen der Politik zu ertragen haben. Ein echtes Manko unserer Demokratie!

Passend zu diesen Überlegungen hörte ich bei einer Tagung über „Superdiversität“ in Städten den ehemaligen Europaparlamentsabgeordneten Gerald Häfner, der die Frage aufwarf: „Wie wollen wir zusammen leben und miteinander umgehen?“ Man informiert sich besser, wenn man weiß, dass man mitreden darf. Das persönliche Glücksgefühl ist gekoppelt an das Maß, in dem man seine Umstände mitbestimmen und –gestalten kann. Ergänzen möchte ich einen Gedanken einer weiteren Referentin, der Journalistin und Online-Aktivistin Kübra Gümüşay: „Heimatsuche heißt immer auch die Suche nach Zugehörigkeit.“

Gegen den Frust über die Politik, die so offensichtlich an wirtschaftlichen Interessen ausgerichtet ist und soziale Ungerechtigkeit in Kauf nimmt, half uns im Oktober der Film „Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen“, den wir im Rahmen eines gut besuchten Offenen Abends guckten. In diesem ermutigenden Film besucht eine Gruppe junger Menschen weltweit Projekte, die zu ganz vielen Problemen Antworten haben. So ist „Urban Gardening“ auch auf kleinen Flächen in Städten möglich und sagt der industriellen Landwirtschaft den Kampf an. In San Francisco sieht die Stadtreinigung den Müll als Rohstoff und trennt ihn akribisch, um ihn bestmöglich weiterverwenden zu können. In England gibt es kleine Städte, die eine eigene Währung haben und im Kleinen eine zukunftsfähige und am Gemein-wohl orientierte Lebens- und Wirtschaftsform praktizieren. Es geht auch um alternative Energie, Basisdemokratie, Mobilität und gute Bildung. Uns sprach der Film nicht zuletzt deshalb an, weil ein Resümee ist, dass in einer neuen, besseren Welt sich kleinere Gemeinschaften bilden, die sich und ihre Interessen selber verwalten, also autonomer sind und deshalb freier.

Mut machten uns auch die Jubiläen der Flüchtlingsarbeit in Hamburg-Öjendorf und -Blankenese. Seit 30 bzw. 25 Jahren engagieren sich dort vor allem Ehrenamtliche für geflüchtete Menschen. In den beiden Gottesdiensten wurde durch Zeug-nisse geflüchteter Menschen deutlich, dass der Weg zum Aufenthaltsrecht sehr weit und beschwerlich sowie ohne Unterstützung kaum zu schaffen ist. Und dass Deutschkurse vermutlich das beste Mittel zur Integration sind.

Im letzten Rundbrief hatten wir auf die Möglichkeit auf-merksam gemacht, bei Brot & Rosen als „Bufdi“, Freiwilli-ge/r im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes, mit zu leben und zu arbeiten. Lange gab es keine Reaktion. Das hat sich zum November hin sehr geändert und wir können uns über mehrere Interessensbekundungen, Nachfragen und Besuche freuen. So sind wir zuversichtlich, dass wir 2018 wieder ein größeres Team sein werden.

Auch im Rahmen unserer Öffentlichkeitsarbeit empfingen wir einige Gruppen wie z.B. KonfirmandInnen oder besuchten Gemeinden sowie Organisationen, um über uns zu berichten. Und Jonas Kleinwächter vertrat Brot & Rosen in Münster bei der Jahrestagung der Erlassjahr-Kampagne, bei der wir seit Jahren Mitglied sind.

Sehr schön war der kurze Besuch einer ehemaligen Mitbewohnerin und ihres damaligen Deutschlehrers, mit dem sie bis heute freundschaftlich verbunden ist. Beim wöchentlichen Haustreffen erzählte sie den jetzigen MitbewohnerInnen sehr persönlich von ihren Erfahrungen bei Brot & Rosen. Sie sagte, dass Brot & Rosen allen helfen kann beim Finden des je eigenen Wegs und dass für sie die Jahre hier sehr wichtig waren. Aber sie betonte auch, dass es wichtig ist, die selbst gesetzten Ziele beharrlich zu verfolgen. Patricia, geboren in Ghana, ist inzwischen Deutsche, sie hat Familie und arbeitet schon lange als Krankenschwester in ihrem Wunschberuf. Wer sie kennt, ahnt, dass alle PatientInnen sie lieben.

Im Haus hat es unter unseren MitbewohnerInnen Veränderungen gegeben. Bereits nach wenigen Monaten konnte sich Zamir nach Ablauf seiner Dublinfrist in Schles-wig-Holstein offiziell registrieren und unterliegt nun dort der Residenzpflicht. Auch Ahmad, der seit 18 Monaten bei uns lebt, konnte sich nach Ablauf seiner Dublinfrist offiziell melden. Er ist so gut integriert in Hamburg, geht zur Sprachschule und spielt regelmäßig Theater. Dazu befindet er sich in ärztlicher Behandlung. Nun wurde er nach Horst in Mecklenburg-Vorpommern geschickt. Dort „lagert“ Hamburg viele seiner Flüchtlinge aus. Es heißt, die Flüchtlinge sollen eine höhere Integrationsleistung erbringen. Doch wie soll das bitte möglich sein, wenn ihnen nur Steine in den Weg gelegt werden? Neu eingezogen ist Sandra, die gleich zum Gemein-schaftsurlaub mitfuhr. Im Moment haben wir auch große Hoffnung, dass unsere beiden syrischen Frauen im Dezember endlich ihre eigene Wohnung beziehen können. Wir drücken allen unseren MitbewohnerInnen die Daumen, dass sich ihre Hoffnungen erfüllen. Und dass sie, wie wir, eine Gesellschaft erleben werden, die auf Wertschätzung basiert und nicht auf Defizite blickt. Eine Gesellschaft, die die Mitbestimmung ALLER BewohnerInnen für ein hohes Gut hält.



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