Diakonische Basisgemeinschaft in Hamburg
Arbeit für Frieden und Gerechtigkeit
Gastfreundschaft für Flüchtlinge
Leben in Gemeinschaft
Kaleidoskop

Brot & Rosen sagt Danke für die Unterstützung - hier vor "unserer" Budni-Filiale.

An Karfreitag konnten wir wieder den Kreuzweg für die Rechte der Flüchtlinge gehen – mit reger Beteiligung von über 200 Menschen und vielfältigen Themen! Und toller Musik, wie hier von den Trommlerinnen der koreanisch evangelischen Gemeinde.

von Birke Kleinwächter / Juni 2022

Auf der Fensterbank meines Zimmers liegt ein kleines Kaleidoskop. Manchmal nehme ich es zur Hand und schaue durch es hindurch. Jedes Ding, das ich nun sehe, löst sich gleichzeitig auf und vervielfältigt sich. Fasziniert drehe ich das Kaleidoskop und bewundere die immer neuen Muster.

Warum erzähle ich das? – Ich finde, es passt zum Leben bei Brot & Rosen. Jedem Erlebnis in unserem Haus werden bis zu 20 Spiegel vorgehalten. In jedem Spiegel sieht das Erlebte ein klein wenig anders aus. Die Kunst ist es, jedes Spiegelbild ernst zu nehmen UND um die Vielfalt der Perspektiven zu wissen. Ich halte diese unsere Meinungsvielfalt für ein Privileg – auch wenn es manchmal schön wäre, wenn die eigene Meinung einfach mal unkommentiert stehen bleiben könnte. In Zeiten einer schwindenden Debattenkultur angesichts von Herausforderungen wie Corona und Ukrainekrieg reden wir im Haus einfach weiter miteinander.

Die bereitwillige, z.T. unbürokratische Aufnahme von Ukrainer*innen hat uns Hoffnung geschenkt auf eine Zeit, in der das für alle Geflüchteten gilt: kostenlose Nutzung des ÖPNV, Arbeitserlaubnis und soziale Rechte von Anfang an usw. Übrigens, einige unserer Mitbewohner*innen wünschen sich sehnlichst eine eigene Wohnung!

Wenn ich den Kalender zurückblättere bis Februar, dann sehe ich, wieviel Besuch wir hatten im Frühjahr. Und ich sehe, dass wir als Kerngemeinschaft (Uta, Dietrich, Birgit und ich) viel zusammen unternommen haben: Kino, Theater, Filme zuhause, Oper, Gottesdienste, Demos, Fahrradausflug. Als ganze Hausgemeinschaft feierten wir viele Geburtstage, saßen am Osterfeuer und luden zur Mai-Kaffeetafel ein.

Ende April waren wir mit einem Infotisch in Hamburg-Bramfeld vor „unserer“ Budni-Filiale (Drogeriekette). Wir sind deren Patenprojekt. Was für ein Glück ist es, jemandes Spendenprojekt zu sein. Wir als Hausgemeinschaft hatten viel Freude an unserem Tisch. Wir schenkten Kaffee aus und boten Muffins u.ä. Gebäck an und führten viele Gespräche. Und genossen unsere gemeinsame Aktion!

Über Himmelfahrt fuhren Uta, Dietrich, Birgit und ich zum Europäischen Catholic Worker-Treffen (kurz: Euro CW) in die Niederlande. Üblicherweise fragen wir vor unserer Abreise eine*n Nachbar*in oder eine*n Freund*in, ob sie im Notfall erreichbar sind. Dieses Mal vergaßen wir das. Es lag aber daran, dass es nicht nötig war. Wir haben seit langem eine stabile Hausgemeinschaft. Alle fühlen sich verantwortlich für unser Haus und füreinander. Erstrebenswert ist ja, dass eine außenstehende Person unser Haus betritt und nicht unterscheiden kann zwischen: wer ist hier, um zu essen, und wer ist hier, um zu dienen.

Unser Euro CW fand nach Corona erstmals wieder „in echt“ statt. Wir trafen uns in einem tollen Gästehaus, schlicht, aber komplett ausgestattet und groß. Was für eine Freude und Inspiration, alle wiederzusehen! Wir tauschten uns u.a. über Self-Care und Pazifismus aus, über Pflugschar-Aktionen und über die geplante Heiligsprechung der für uns sowieso schon heiligen Dorothy Day (Mitbegründerin der CW-Bewegung). Wir brachten uns auf den jeweils neuen Stand an den verschiedenen Orten. Gefühlt aßen wir andauernd und hatten einen vollen Zeitplan. Abends saßen wir am Lagerfeuer. Am Samstagabend fand die traditionelle Cabaret Night statt. Für mich ist das eines der Highlights unserer Treffen. Wir lachen Tränen, weil jede*r sich selbst auf die Schippe nimmt.

Was erwartet uns im und nach dem Sommer? Unsere erwachsenen Kinder kehren zum größeren Teil von ihren Auslandsaufenthalten zurück. Während wir selber verreist sind, halten uns Menschen wie Manuela aus Berlin den Rücken frei. Auch Familie Rogers, die hier einige Jahre lebte, kommt zu Besuch.

Wir arbeiten an unserem „Konzept“. Hauptsächlich wollen wir neu verschriftlichen, wie wir Gastfreundschaft definieren. Kurzum: Menschen bleiben häufig länger bei uns wohnen, weil es ihnen gut tut und uns als Gemeinschaft ebenfalls. Wichtig ist auch festzuhalten, dass wir Begleiter*innen, nicht Betreuer*innen sind. Begleiten kann jede und jeder im Haus – mit den je eigenen Ressourcen und Gaben. 

Wir können mal wieder eine gemeinsame Wochenendreise machen: Im August geht es nach Ratzeburg. Die letzte liegt nun auch schon mehr als drei Jahre zurück. Reisen zu können ist ein Privileg. Nicht allen ist es gestattet oder finanziell möglich.

Wir leben in der Hoffnung auf ein Ende der Kriege. Bis dahin bestärken wir uns in dem, was wir selber für Frieden und Gerechtigkeit tun können – möge es noch so klein sein. Wir danken für die Verbundenheit mit Ihnen und Euch, liebe Leser*innen! Inmitten der „Wolke der Zeug*innen Jesu“ geht es sich leichter. ■



Mittragen

Unsere Gastfreundschaft für obdachlose Flücht­linge wird erst mög­lich durch Spenden und ehren­amtliche Mitarbeit
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Mitfeiern

Hausgottesdienste, Offene Abende und immer wieder mal ein Fest: Herzlich will­kommen bei uns im Haus der Gast­freund­schaft
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Mitbekommen

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Mitleben

Immer wieder fragen uns interessierte Menschen, ob und wann sie uns be­suchen kommen können. Wir freuen uns sehr über dieses Inter­esse.
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