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Neues aus der Fabriciusstraße

Figuren aus "Armee das Andere" von Uwe Schloen beim Requiem in St. Jacobi, Hamburg

von Birke Kleinwächter/ Dezember 2014

Es gibt adventliche und weihnachtliche Themen, bei denen ich oft denke: Bei Brot & Rosen sind das Ganzjahresthemen. Dazu gehört natürlich ‚Herberge suchen – Herberge finden‘:

Hamburg hat in den letzten Jahren in fataler Weise Unterkünfte für Flüchtlinge reduziert. Die Folgen der fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten sind für viele Menschen katastrophal und für das Unterstützungsnetzwerk für Flüchtlinge kaum auszuhalten. Auch wir können/ müssen uns Woche für Woche mit einer Vielzahl dringender und noch dringen-derer Gastanfragen auseinandersetzen.

Es sind zwei Männer bei uns eingezogen, einer aus Syrien, der andere aus dem Iran. Die zur Verfügung stehenden Zimmer sind so groß, dass sie auch einem Paar oder einer kleinen Familie Quartier bieten könnten. Doch sollen wir deshalb zwei Menschen, die sich bislang nicht kannten, in einem Zimmer unterbringen?

Immer wieder prüfen wir uns innerlich und in wiederkehrenden gemeinsamen Gesprächen, wie viele Menschen wir theoretisch aufnehmen könnten. Praktisch gilt aber auch, dass wir selber hier leben und noch lange leben wollen. Auch die eigenen Familien brauchen ihre Privat- und Familiensphäre.

Wenn wir täglich hören, wer alles ohne Obdach ist, dürfen wir dann trotzdem bei unserem Grundsatz bleiben, Zimmer an je eine Person zu vergeben, es sei denn, es handelt sich um eine Familie oder ein Paar? Und dürfen wir uns den „Luxus“ eines Besuchszimmers leisten, wo eigene FreundInnen oder Verwandte schlafen können, das also manchmal einfach nur leer steht?

Ich bin der Meinung, ja, denn es ist auch mein Zuhause. Im Amerikanischen heißt das „24/7“ – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Dass wir die Wochenenden frei von gemeinsamen Strukturen wie Essenszeiten gestalten, bedeutet nicht viel, wenn ich trotzdem nur eine Küche und eine Haustür habe.

Wer unser Haus noch nicht erlebt hat, nimmt uns vielleicht als Einrichtung wahr. ‚Wir würden gerne über ihre Unterkunft berichten,’ fragte z.B. jüngst eine Studentin an. Oder Flüchtlinge werden mit unserer Adresse ausgestattet und oh-ne telefonische Abklärung vorbeigeschickt, als wären wir ein Amt oder eine Behörde.

Requiem – wir gedenken

Wie jedes Jahr feierten wir am Volkstrauertag den Gedenkgottesdienst für die Toten an den EU-Außengrenzen. Letztes Jahr, auf der Höhe der Solidarität mit den Lampedusa-Flüchtlingen, waren 400 Menschen im Gottes-dienst, allein im Projektchor sangen fast 80 Männer und Frauen mit. Dieses Jahr waren wir 16 SängerInnen und ca. 150 GottesdienstbesucherInnen. Dabei ist politisch nichts besser geworden für Flüchtlinge, im Gegenteil – das Jahr 2014 war das bisher tödlichste für Flüchtlinge im Mittelmeer. Über 3.000 Menschen sind beim Versuch, nach Europa zu kommen, gestorben, obwohl die italienische Marine das groß angelegte Rettungsprogramm Mare Nostrum durchgeführt hat. Aber es scheint, wie so oft, wenn eine Welle vorbei ist, kehren alle zurück zu ihrem jeweiligen „Business as usual“.

Und doch hat sich etwas wahrnehmbar verändert im vergangenen Jahr:

In der Ohnmacht gegenüber dem großen Notstand ist es wichtig, den Blick für das, was passiert, nicht zu verlieren. Kürzlich redeten wir im Haus genau über solche persönlichen Ereignisse, die uns Mut machen. Das tat sehr gut!
In Hamburg-Niendorf, wo eine weitere Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge entstehen soll, kommen 250 Menschen zusammen, nicht um zu protestieren, sondern um zu überlegen, was sie beitragen können, damit es gut wird für die Neuankömmlinge.
Im Thalia-Theater wird „Die Schutzbefohlenen“ von Elfriede Jellinek unter Mitwirkung von Lampedusa-Flüchtlingen aufgeführt und erzeugte viel Gesprächsbedarf unter den ZuschauerInnen.
Das Hamburger Abendblatt berichtet auf einer Doppelseite sehr warmherzig von einem Mann aus der Gruppe der Lampedusa-Flüchtlinge, den eine Hamburgerin spontan von der Straße weg bei sich aufgenommen hatte.
Bekannte aus einer baptistischen Gemeinde tun sich zusammen und mieten eine Wohnung an, in der nun Flüchtlinge wohnen.
Ein Krankenhaus nimmt sich einer psychisch kranken Frau an, obwohl sie nicht versichert ist.
Das Netzwerk von Gruppen und Einzelpersonen, die Flüchtlinge in ihren Wohnunterkünften begleiten, ist gewachsen und trifft sich regelmäßig zum Austausch.
Last but not least: Wir merken, dass der Schutzraum, den wir bei Brot & Rosen Flüchtlingen bieten, auch uns selbst eine Oase ist, ein Zuhause mit wahrhaft liebenswerten Menschen.

Unverändert groß sind Unterstützung und Zuspruch von Ihnen und Euch, liebe LeserInnen und UnterstützerInnen. Da-für sind wir alle hier im Haus der Gastfreundschaft sehr, sehr dankbar! Durch Ilona Gaus‘ Tod hat bei uns einige Wochen „die Zeit still gestanden“, so ist auch mancher Dankesgruß liegen geblieben, der längst hätte geschrieben sein sollen. Deshalb kommt hier ein allgemeiner Dank für die vielfältigen Formen der Unterstützung im zurückliegenden Jahr. Wir werden diese Hilfe im kommenden Jahr besonders brauchen, wenn wir einen Teil des Hauses umbauen lassen.



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