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Was wir zuhause lernen
![]() Marta sagte zu diesem Bild in der Ankommensrunde: „Ich bin wie diese Störche – sie reisen weite Wege und sind dann weit entfernt von zuhause. Aber hier sitzen sie auf dem Kreuz, einem Zeichen für das Haus Gottes, das ist Brot & Rosen für mich. Und das Licht scheint hell so wie der Mond in der Nacht. So fühle ich mich!" von Birke Kleinwächter / September 2025 Ende August fand unser Tradition gewordener Hausurlaub in der Jugendherberge Ratzeburg statt. Wir waren dieses Jahr eine große Gruppe und konnten auch einige ehemalige Mitbewohner*innen mitnehmen. Unsere gute Freundin Manuela war ja traurigerweise im April verstorben (wir berichteten im letzten Rundbrief). Anlässlich ihrer Trauerfeier hatte ihre Familie zu Spenden zugunsten von Brot & Rosen aufgerufen im Wissen um die gegenseitige „Liebe“ zwischen Manuela und uns. So war es uns finanziell leichter möglich, diesen Urlaub zu machen. Und Manuelas Name fiel oft in diesen 2 ½ Tagen. Immer wieder erhalten wir sogenannte Anlassspenden: Spenden aufgrund von Geburtstagen oder Trauerfällen oder Hochzeiten. Es ist Zeit, das mal in unserem Rundbrief zu würdigen. Am Geburtstag oder Hochzeitstag auf Geschenke zu verzichten, ist schon eine besondere Großzügigkeit. Angesichts des Verlustes eines geliebten Menschen dessen Anliegen durch einen Spendenaufruf publik zu machen, ist auch eine sehr berührende Form der Wertschätzung. Ratzeburg ist ein betörender Ort: die Jugendherberge liegt direkt am See. Diejenigen, die zum allerersten Mal mit dabei waren, fühlten sich ins Paradies versetzt. Wir hatten auch so ein Glück mit dem Wetter und konnten oft am, im und auf dem Wasser sein. In unserer Ankommensrunde, bei der sich alle aus einem Kreis von Postkarten diejenige aussuchen durften, die die persönliche Stimmung am besten ausdrückte, wurde auch eine große Dankbarkeit zum Ausdruck gebracht. Und unsere Hausgemeinschaft wurde häufig als Familie bezeichnet. Ihre biologische Familie mussten viele in unserem Haus ja in fernen Ländern zurücklassen. An dieser ersten Erzählrunde gefiel mir am besten, dass wir sehr darauf achteten, dass alle alles verstehen! D.h. nach jedem Beitrag warteten wir darauf, bis alles übersetzt war für die mit weniger Deutschkenntnissen. In der Wartezeit, in der ich den Übersetzungen lauschte, sickerte auch bei mir das Gehörte noch mal tiefer ein. Ich nahm selber viel mehr mit als sonst aus Gesprächsrunden. Und ich lernte: Verlangsamung ist eine gute Methode, um einander besser zu verstehen. Wir erleben immer wieder, dass unser Haus und noch vielmehr die Menschen, die in ihm leben, Geborgenheit vermitteln. Es hat in diesem Jahr eine Reihe von Aus- und Einzügen gegeben. Unsere Hausgemeinschaft hat sich zum ersten Mal seit Jahren wieder wesentlich verändert, was die Gesichter im Haus angeht. Und trotzdem bleiben Willkommenskultur und das Gefühl von Sicherheit erhalten. Manchmal empfinde ich es irritierend, was ich in den Medien zum Thema Migration lese und was ich gleichzeitig zuhause erlebe. Die Gefahren, die medial berichtet werden, spiegeln sich in nichts im Zusammenleben mit Menschen aus anderen Ländern wider. Vielmehr spüren wir die Gefahren, denen sie selbst ausgesetzt sind. Die Gefahren in den Herkunftsländern, wo Familienangehörige z.B. von Kriegen oder Denunziation bedroht sind. Die Gefahr, hier rassistisch angegangen zu werden. Die Gefahr, hier behördlicher Willkür zu begegnen. Keine im Haus nimmt anderen einen Job weg, vielmehr üben einige genau die Berufe aus, wo händeringend Fachpersonal gesucht wird. Keine will „auf Kosten des Staates“ leben, sondern wartet auf eine schnelle Aufnahme in Sprachkurse und Ausbildungsberufe. Keine ist bösartig oder eine Bedrohung für die anderen im Haus. Keine ist zu viel. Vielmehr erleben wir selbst in unserem Mikrokosmos, dass immer mehr „Arbeit“ als „Personal“ da ist. Seit kurzem habe ich wieder mehr Zeit, an den Mahnwachen gegen Abschiebung vor der Hamburger Ausländerbehörde teilzunehmen. Kürzlich sprach mich als erstes ein irakischer Mann an, der gerade die Behörde verlassen hatte. 10 Jahre hatte er in Deutschland sozialversicherungspflichtig gearbeitet. Nun waren ihm alle Papiere inklusive seines Passes abgenommen und stattdessen eine Duldung ausgehändigt worden. Er weinte fast, und auch ich spürte Tränen in meinen Augen. Gerade werden viele Menschen in den Irak abgeschoben. Auch einer unserer Mitbewohner berichtete, dass Freunde von ihm weg seien. Er konnte sie nicht mehr kontaktieren und erfuhr auf Umwegen, dass sie abgeschoben worden waren. Auch ihm war zum Heulen zumute. Irak?! Wer, bitte, würde da gerade hinfahren wollen??? Eine Mitbewohnerin hingegen hat entschieden, freiwillig in ihre Heimat Iran zurückzukehren. Die Sehnsucht nach ihrer Mutter und ihrer Familie dort ist größer als die Angst, als Frau in den Iran zurückzukehren. Wir bewundern das sehr! Zum Abschied sagte sie in der Hausrunde: „Jetzt lasse ich auch hier meine Familie zurück. Und auch in meiner Heimat werde ich im Exil leben.“ Wenn ich an sie denke, denke ich jetzt oft: „Frau – Leben – Freiheit“! Und meine Finger formen das Victory-Zeichen. Und ich bin stolz, dass es so tolle Frauen auf diesem Globus gibt. Wir sind alle Reisende und Gäste auf dieser Erde, nur wissen wir nicht alle, dass das so ist. ■ |
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