Diakonische Basisgemeinschaft in Hamburg
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Die Heilige Familie auf der Flucht

Ein Nach-Krippenspiel für fünf Personen: Maria, Josef, 1. Grenzbeamter, 2. Grenzbeamter, Schlepper

Josef und Maria sind auf der Flucht. Maria, das Kind auf dem Arm, hat Mühe, Josef zu folgen.

Maria: Josef, bist du dir sicher, dass es ein Engel war, der dir im Traum erschienen ist?
Josef: Ja, sicher! Was soll es sonst gewesen sein.
Maria: Nun vielleicht war alles ein bisschen viel, das Kind, ich und die ganze Verantwortung, da denkt so mancher Mann wohl an Flucht.
Josef: Maria, ich habe mich für dich und das Kind – unser Kind entschieden. Der Engel hat mir dazu Mut gemacht, damals im Traum. Und in der letzten Nacht hat er wieder zu mir gesprochen: Wir müssen fliehen, unser Kind ist in Gefahr. Herodes will es umbringen.
Maria: Aber warum sollte er das tun, ein unschuldiges Kind umbringen.
Josef: Seit wann brauchen die Mächtigen einen Grund für ihre Grausamkeit.
Maria: Aber wir haben doch gerade erst angefangen, ein gemeinsames Leben aufzubauen. Und jetzt willst du das alles wegwerfen und davonlaufen in dieses feindselige Land.
Josef: Wir haben nur diese eine Chance, Maria. Wenn wir sie nicht nutzen, was soll das für ein Leben hier in unserer Heimat werden, die noch viel feindseliger ist?
Maria: Aber ausgerechnet nach Ägypten! Josef! Erinnere dich doch, mit wie viel Mühe sich unsere Väter und Mütter befreit haben von dem Joch der Ägypter, die unser Volk unterdrückt haben und ausgepresst bis zum Letzten. Und dahin willst du jetzt zurück?
Josef: Es geht nicht um Freiheit und alte Ideale, Maria. Jetzt geht es nur darum, dass wir überleben. - Schau, da vorne ist die Grenze.
Maria: Gott hilf!

Maria und Josef treten vor zwei Grenzposten.

1. Grenzbeamter: Herzlich willkommen im Land der Pharaonen und Pyramiden. Kommt ihr, um die Pyramiden zu sehen, oder seid ihr geschäftlich unterwegs?
Josef: Nein. Wir sind auf der Flucht. Wir bitten um Asyl. Habt Dank für euer Willkommen.
2. Grenzbeamter: Hab ich mir‘s doch gedacht.
1. Grenzbeamter: Asyl? Wieso Asyl?
Maria: Herodes, unser König, er will unser Kind umbringen.
1. Grenzbeamter: Asyl könnt ihr hier nicht beantragen. Das hättet ihr vor eurer Einreise tun müssen, bei unserem Konsulat in Jerusalem. Dort müsst ihr einen Antrag auf Asyl stellen.
Josef: Aber wir können nicht zurück nach Jerusalem. Dort warten die Handlanger des Herodes. Dort laufen wir in die Falle.
Maria: Außerdem werden dort jetzt Tausende sein, die um ihre Kinder Angst haben.
2. Grenzbeamter: Eben.
1. Grenzbeamter: Wir können nicht Tausende aufnehmen. Deshalb gibt es ein geordnetes Verfahren. Und es gibt einen festgelegten Katalog für Asylgründe. Werdet ihr aus religiösen oder politischen Gründen verfolgt?
Maria: Sie wollen unser Kind umbringen, einfach weil es ein Kind ist.
1. Grenzbeamter kopfschüttelnd zum 2. Grenzbeamten: Altersspezifische Verfolgung?
2. Grenzbeamter: Kein Anerkennungsmerkmal.
Josef: Versteht ihr nicht? Herodes lässt alle Jungen im Alter unseres Sohnes ermorden.
1. Grenzbeamter zum 2. Grenzbeamten: Geschlechtsspezifische Verfolgung?
2. Grenzbeamter: Ist das jetzt schon anerkannt?
1. Grenzbeamter: Müsste ich mal nachfragen.
2. Grenzbeamter zu Josef: Seid doch ehrlich. In Wirklichkeit geht es euch doch nur darum, dass ihr euch von unserem Land ein besseres und bequemeres Leben versprecht. „Zurück zu den Fleischtöpfen Ägyptens“, so sagt man doch bei euch, oder nicht?
Josef: Wir wollen kein bequemes Leben. Wir wollen nur überhaupt leben. Mit unserem Kind.
Maria: Komm Josef, lass uns woanders hingehen. Das müssen wir uns nicht antun.
Josef: Wir können nirgendwo anders hin, Maria. Wir haben nur diese eine Chance.
1. Grenzbeamter: Deine Frau hat recht, warum habt ihr nicht nach einer inländischen Fluchtmöglichkeit gesucht, irgendwo in Galiläa auf dem Land.
Josef: Als ob uns Herodes dort nicht finden könnte.
1. Grenzbeamter: Nun dann gibt es noch die Möglichkeit in ein sicheres Drittland zu gehen. Warum seid ihr nicht nach Syrophönizien gegangen oder nach Arabien?
Josef (müde): Weil Gottes Engel mir gesagt hat: Geht nach Ägypten.
1. und 2. Grenzbeamter sehen sich bedeutungsvoll an.
1. Grenzbeamter: Gottes Engel, soso!
2. Grenzbeamter: Jetzt wird die Sache doch klarer: Ihr seid religiöse Fundamentalisten. Ihr wollt bei uns euren Gott verehren.
1. Grenzbeamter: Ah, religiöse Verfolgung! Das wäre schon ein Anerkennungsgrund.
2. Grenzbeamter: Aber die Sicherheitslage! Die tragen ihre religiösen Konflikte in unsere Gesellschaft. Damit holen wir uns nur Terroristen ins Land. Außerdem sollen die ihren Gott zuhause verehren. Ich kann in Jerusalem auch keine Pyramide bauen.
Josef: Aber wir wollen doch nur dem Ruf unseres Gottes folgen und das Leben unseres Kindes retten.
1. Grenzbeamter: Ist das nicht der selbe Gott, der euch damals in die „Freiheit“ führen wollte – und Hunderte unserer Kinder sind dabei drauf gegangen: All die Erstgeborenen in der Nacht vor eurer Befreiung.
2. Grenzbeamter: Jetzt habt ihr die Freiheit, die ihr unbedingt wolltet. Jetzt lebt damit.
1. Grenzbeamter: Der Antrag auf Asyl wird aus formalen Gründen abgewiesen.

Maria und Josef entfernen sich von der Grenze. Sie umarmen sich.

Maria: Josef, was soll jetzt nur werden.
Josef: Wir müssen auf Gott vertrauen, vielleicht schickt er uns einen Engel.

Ein Schlepper tritt auf.

Schlepper: Hey ihr. Sie haben euch nicht 'reingelassen, oder?
Josef: Nein.
Schlepper: Sie lassen keinen rein. Es gibt immer ein Argument oder einen Paragraphen oder einen Hinderungsgrund.
Maria: Aber was sollen wir nur tun?
Schlepper: Habt ihr Geld?
Josef: Wir haben etwas gespart, aber davon müssen wir die nächste Zeit leben.
Schlepper: Wollt ihr in Sicherheit oder nicht? Ich kenne da einen, der bringt euch heute Nacht über die Grenze – vorausgesetzt ihr könnt ihn bezahlen. Seid ihr stark genug für eine Wanderung durch die Wüste?
Josef: Unsere Vorfahren sind vierzig Jahre durch die Wüste gewandert.
Schlepper: Na, solange wird’s hoffentlich nicht dauern. Kommt mit.
Maria und Josef gehen mit dem Schlepper mit.
Maria: Soll das dein Engel sein, Josef?

(aus: „Kein Raum in der Herberge Europa?“ Zur Menschenrechtslage an den Außengrenzen der Europäischen Union. Materialheft für einen Gottesdienst zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2010 (Hg. EKD) - auf der Internetseite der EKD zum Download)



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