Diakonische Basisgemeinschaft in Hamburg
Arbeit für Frieden und Gerechtigkeit
Gastfreundschaft für Flüchtlinge
Leben in Gemeinschaft
Wir werden immer größer ...

von Uta Gerstner / Dezember 2001

Diese Erfahrung war wohl die schönste für alle, die wir Ende Oktober zum alljährlichen Europäischen Catholic-Worker-Treffen gefahren sind. Diesmal ging es nach Dortmund, wohin uns die Suppenküche Kana eingeladen hatte.

Da waren zum einen die vielen Kinder, unter ihnen Jonas und Joel, die durch die Flure und Gruppenräume unseres Tagungshauses tobten und ihren Spaß miteinander hatten.

Zum andern waren auf diesem Treffen nicht nur über 35 Menschen, sondern auch eine wachsende Anzahl von Gemeinschaften vertreten, was uns alle sehr freute. Zu den je drei Häusern der Gastfreundschaft in Amsterdam und Deutschland (in Dargelütz, Dortmund und Hamburg) entstehen zur Zeit in England - zusätzlich zum St. Francis-House in Oxford - neue Häuser: in Liverpool eine junge Gemeinschaft mit zwei kleinen Häusern und in London eine aktive Catholic-Worker-Gruppe, die nach geeigneten und bezahlbarem Wohnraum Aussschau hält. Eine besondere Freude war es, als unsere drei schwedischen Plugschar-FreundInnen vom Start ihrer "Feigenbaum"-Gemeinschaft in Göteborg erzählten.

Es war schön, vertraute Gesichter wiederzusehen, sich auszutauschen und an vorige Themen anknüpfen zu können. Gleichzeitig konnten wir neue Leute begrüßen, wie z.B. Maria und Scott, die als ganze Familie mit ihren drei Jungs und ihrer Tochter aus London angereist waren.

So verbrachten wir wieder intensive Tage miteinander. Wir feierten Morgenandachten in Anlehnung an unsere gemeinschaftlichen Hausgebete - die so verschieden gar nicht sind mit ihrer Grundgestalt aus Bibelwort, Schweigen und Taizéliedern, was sich auch in unserem schönen Abschlussgottesdienst widerspiegelte.

Das Hauptreferat hielt Anthony Gwyther, der in einem australischen Catholic-Worker-Haus gelebt hat und gerade mit seiner Frau Tanja auf einer Deutschlandreise ist. In Anlehnung an die Offenbarung des Johannes suchte er nach den biblisch-politischen Kriterien, nach denen ChristInnen irdische Imperien im Unterschied zu Gottes Reich beurteilen können.

In verschiedenen Gesprächsrunden und Diskussionsgruppen erörterten wir Themen und Fragen, die sich aus unserem Gemeinschaftsleben und dem Mitleben von Flüchtlingen ergeben: Wie gestalten wir Entscheidungsprozesse im Alltag, die zum Konsens führen? Was bedeutet die Unterstützung von Widerstandsaktionen zeit- und kräftemäßig für eine Gemeinschaft? Wie rassistisch sind wir selbst im Umgang mit Fremden in unseren Häusern? Wie sieht "Globalisierung von unten" aus?

Eine Arbeitsgruppe ging ganz praktisch zu Werk, indem sie in der Suppenküche Kana bei der Essensvorbereitung half. Nach dem Verteilen der Suppe an über 300 bedürftige Menschen bekamen dann auch wir unser Mittagsmahl ausgeteilt. Der anschließende Rundgang durchs Stadtviertel, den ein.befreundeter katholischer Priester anführte, beeindruckte viele, denn er machte auch die Schattenseiten dieser Großstadt sichtbar.

Die für mich persönlich spannendste Gesprächsrunde sammelte sich um die Familienthematik. In einer überraschend großen Runde tauschten sowohl Familienleute als auch kinderlose Gemeinschaftsmenschen ihre Erfahrungen und Wünsche aus: Was bedeutet es für Familien, innerhalb von Gemeinschaften zu leben? Welche Räume brauchen sie für sich? Was sind die Bedürfnisse von Kindern in solchen Großhaushalten? Wie ist ein Zusammenleben mit alleinstehenden Gemeinschaftsmitgliedern sinnvoll zu gestalten?

Im Austausch merkten wir, dass es keine direkten Verallgemeinerungen geben kann, allein schon weil jedes Kind anders ist. Als Mutter, die ich mich immer neu frage, ob und wie ich Joels Bedürfnissen in unserem Haus gerecht werde, war es sehr anregend und beruhigend von Clara - einem inzwischen 16-jährigen "Gemeinschaftskind" - zu hören, wie positiv sie ihre gemeinschaftliche Großfamilie erlebt hat.

Schön war es auch, den Reichtum unserer gemeinschaftlichen Lebensform aus der Single-Perspektive wertgeschätzt zu sehen. Rachel betonte, wie viel ihr das Zusammensein mit Familien und besonders Kindern in der Gemeinschaft bedeutet, auf das sie nicht verzichten will.

So hat jede Familie die konkrete Aufgabe, ihren eigenen Bedürfnissen im Gemeinschaftsalltag ihren Ort und ihre Zeit einzuräumen. Hilfreich dabei ist, dass in der Catholic-Worker-Bewegung die verschiedensten Integrationsformen entwickelt worden sind und gelebt werden: Die eigene Etage im Haus, das Nachbarappartement mit Gästezimmer oder auch die private Wohnung um die Ecke.

Ein anderes Thema, das uns natürlich auch sehr beschäftigte, ist die weltpolitische Entwicklung nach den Anschlägen vom 11. September und der Krieg in Afghanistan.

Da wir dazu als ChristInnen und PazifistInnen eine eindeutige Meinung haben, die wir in diesen Tagen der Mobilmachung auch zeigen wollten, gestalteten wir gemeinsam mit dem Dortmunder Friedensforum eine Mahnwache an der Reinoldikirche in der Innenstadt: "Lasst Euch nicht glauben machen, dass man Terror mit Kriegsterror bekämpfen kann, der nur wieder unschuldige Menschen zu Opfern macht. Der Tod eines jeden Menschen, der in Afghanistan durch Bomben oder durch Hunger und Kälte stirbt, klagt uns an."

In einem Solidaritätsbrief an die amerikanischen Catholic-Worker-Gemeinschaften haben wir sie ermutigt, trotz der überwältigenden öffentlichen Kriegsstimmung in ihrem Land weiterhin ihre Stimme für Frieden und Gerechtigkeit zu erheben. Und auch wir versuchen, den gewaltfreien Idealen der Catholic Worker Bewegung treu zu bleiben.

Daher beobachten wir auch mit Besorgnis, wie in den verschiedenen europäischen Ländern unter dem Deckmantel der "inneren Sicherheit" die Grundrechte für die hier lebenden Flüchtlinge immer weiter beschnitten werden. Anstatt z.B. Kriegsflüchtlinge aus Afghanistan mit Selbstverständlichkeit bie uns aufzunehmen, wird nun in jedem Ankömmling ein mutmaßlicher Terrorist gesehen.

Nicht zuletzt aus diesen aktuellen Umständen haben wir unser nächstes Treffen in England unter das Motto gestellt: "Making Peace".



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