Diakonische Basisgemeinschaft in Hamburg
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Gastfreundschaft für Flüchtlinge
Leben in Gemeinschaft
Rückblick auf eine Zeit „In Gemeinschaft leben“

von Melanie Höller / Juni 2006

Melanie Höller gehört zu denen, die uns in diesem Jahr verlassen. Sie hat Sozialpädagogik studiert und ist nach einem Auslandsdienst durch das Büchlein „Frieden stiften“ auf Brot & Rosen aufmerksam geworden! Mit großer Zuverlässigkeit hat sie diverse Aufgaben im und außerhalb des Hauses übernommen und ist durch ihre Fröhlichkeit, aber auch durch ihre reflektierte Art allen im Haus eine liebenswerte Mitbewohnerin geworden.

 

„In Gemeinschaft leben“ ist der Titel eines Buches von Jean Vanier, der die „Arche“ begründet hat (ein weltweit gespanntes Netz von Gemeinschaften, in denen das Zusammenleben mit geistig behinderten Menschen gelebt wird). Dieses In-Gemeinschaft-leben ist auch mein Thema, denke ich zurück an die 15 Monate Mitleben als Freiwillige bei Brot & Rosen. Es ist nur ein Aspekt des Lebens im Haus der Gastfreundschaft, aber ein sehr prägender. Vanier schreibt über die Gemeinschaft, dass sie ein Ort der Zugehörigkeit sei, ein Ort, an dem man seine Heimat und Identität findet. Clarissa Pinkola Estés widmet in ihrem Buch „Die Wolfsfrau - Die Kraft der weiblichen Urinstinkte“ ein ganzes Kapitel dem „Zum richtigen Rudel finden“. Und Dorothy Day sagte „Wir alle lernten die lange Einsamkeit kennen; und wir begriffen, dass die einzige Lösung die Liebe ist, und dass Liebe durch Gemeinschaft entsteht“.

Wir alle leben in Gemeinschaft, aber eine Gemeinschaft, die nicht aufgrund ihrer Blutsverwandtschaft besteht, sondern weil Menschen als ChristInnen in Gemeinschaft leben wollen und zudem noch mit den Armen unserer Gesellschaft, die nicht aus Überzeugung, sondern aus einer Notlage heraus mitleben - dies hat eine besondere innere Dynamik.

Vanier beschreibt Gemeinschaft als ein religiöses Phänomen. „Nur eine transzendente Kraft vermag menschliche Wesen in all ihrer Verbohrtheit und Verwunderung auf diese Weise zusammenzuhalten.“

Ich setze mich momentan mit dem Enneagramm auseinander, welches eine sehr alte Typenlehre ist. Das Enneagramm definiert neun Menschentypen von neun „Fallen“ oder den neun „Wurzelsünden“ her , welche sich unter anderem auch in Galater 5,19ff wieder finden lassen.

Im konkreten Alltag ist es daher nicht immer einfach, wenn z.B. ein Kopftyp wie ich, die sich in Konfliktsituationen eher von anderen abwendet, auf einen Bauchtyp trifft, der eher zu feindseligen Reaktionen gegen andere neigt.

Um in all unserer Verschiedenheit dennoch miteinander leben zu können, braucht es vielleicht Dorothy Day´s Lösung „Love is the only solution“. Jedoch gilt: „Solange wir allein waren, konnten wir meinen, alle Menschen zu lieben. Sobald wir aber mit anderen zusammenleben, bemerken wir, wie unfähig wir sind zu lieben.“ (Vanier). Das Befreiende ist aber, dass sowohl im Galaterbrief einige Verse weiter (5,22) als auch im Enneagramm die Geistesgaben zur Sprache kommen. In dem, was unsere Falle bzw. Sünde ist, steckt zugleich auch unsere Gabe.

Die verschiedenen Gaben der Einzelnen zu erleben, war für mich eine der schönsten Erfahrungen im In-Gemeinschaft-leben. Das Ganze ist noch mal mehr als die Summe seiner Glieder, oder die vielen Glieder erst ergeben den einen Leib. Ich erinnere mich z.B. an gemeinsame Aktionen wie die Vorbereitung von Festen oder der Versand des Rundbriefes im Haus. Jeder bringt seine Gabe ein, und im gemeinsamen Handeln und Sein haben wir Aufgaben bewältigt und Feste verschönert.

Die Kerngemeinschaft von Brot & Rosen habe ich sehr zu schätzen gelernt durch ihren Blick auf den Einzelnen. Das ist wohl das, was Peter Maurin als Personalismus bezeichnet. So konnte auch ich dort so sein, wie ich bin, und das einbringen, was mir als Gabe gegeben ist.

Im letzten Rundbrief hat Dietrich Gerstner seinen Artikel unter die Überschrift „Ein Modell? Ein Modell!!“ gestellt, ausgehend von der Frage, ob der Lebensstil von Brot & Rosen ein auf die Gesellschaft übertragbares Modell ist. Als ich vergangenes Jahr nach einer 14monatigen Freiwilligenzeit aus Kenia zurückkam, sprach mich das Lebensmodell von Brot & Rosen sehr an. In meinem Mitleben verfestigte sich die Überzeugung, dass es ein tolles Modell ist. Jedoch kam für mich auch irgendwann die Frage „Ist es mein Modell?“.

Für mich war es manchmal ein Spannungsfeld, meine Freude am gemeinsamen Zusammensein bei einer Tasse Tee in der Küche, um ein Feuer auf der Terrasse oder in einer Kartenspielrunde mit meinem Bedürfnis nach Alleinsein, Stille, Gebet, Eucharistiebesuch zu verbinden. Vielleicht blieben daher die hohen Wände in meinem Zimmer ganz leer und weiß. Denn neben all den vielen Eindrücken im Haus - durch BesucherInnen und die ständig wechselnde Konstellation von im Haus Lebenden, durch Offene Abende, Mahnwachen, ausländerbehördliche und asylpolitische Fakten - wurden mir Ruhepunkte wichtig.

Dies Bedürfnis ist im vergangenen Jahr angewachsen, so dass ich irgendwann die Entscheidung gefällt habe eine Zeit in einem „Haus der Stille“ mitzuleben, wo, dem Namen entsprechend, die Stille und das Gebet einen größeren Raum einnehmen werden. Aber auch dort darf ich In-Gemein­schaft-leben. Und in meinem Gepäck werden die vielen farbenfrohen Eindrücke meines Lebens bei Brot & Rosen mitreisen.



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