Diakonische Basisgemeinschaft in Hamburg
Arbeit für Frieden und Gerechtigkeit
Gastfreundschaft für Flüchtlinge
Leben in Gemeinschaft
Durch Hohes und Tiefes

Wir von Brot & Rosen sagen von Herzen Danke für all die Grüße und Geschenke zu unserem Jubiläum und für die Verbundenheit!

Eine meterlange Papierrolle steht für die tausenden Toten an den Grenzen.

von Dietrich Gerstner / November 2021

Die letzten Monate waren für uns hier im Haus geprägt von der Freude über feierliche Anlässe im Wechsel mit tiefem Schmerz über Tod und Verlust. Da passt es, dass wir am Volkstrauertag wieder das Flüchtlingsrequiem begangen haben, in dem das Gedenken und der Protest ihren Platz haben.

Der November – ein Monat des Totengedenkens, angefangen mit Allerheiligen am 1.11. und am Ende mit dem Toten- bzw. Ewigkeitssonntag. Dazwischen der „Volkstrauertag“, an dem der Opfer von Kriegen und Gewalt gedacht wird. Der Tag, an dem wir im Flüchtlingsrequiem all die tödlichen Schrecken an den Grenzen der EU und darüber hinaus in den Blick nehmen, vor Gott bringen und dagegen protestieren. Denn es ist kein Schicksal, sondern ein sinnloses Leiden und Sterben, das im Mittelmeer, an der belarusisch-polnischen Grenze, in Calais und im Ärmelkanal, an der bosnisch-kroatischen Grenze, in der Ägäis, in den Wüsten Nordafrikas und sonst wo passiert. „Sie fehlen!“ war das Motto unseres diesjährigen Requiems, denn sie fehlen uns, diese Menschen, die „auf der Strecke bleiben“. Und es fehlt uns an Mitmenschlichkeit und Solidarität, damit diese Schrecken ein Ende finden!

Vielleicht konnten unsere Mitbewohner*innen Shirley und Tishki auch ein bisschen ihres Schmerzes über den Tod des ermordeten Bruders in Honduras und die ohne ihre Familie verstorbene Mutter in Afrin – eine türkisch besetzte Stadt im Norden Syriens – in diesen Gottesdienst bringen, ein Licht für ihre Lieben anzünden und im aufsteigenden Weihrauch ein Gebet mitschicken. Gleichermaßen unsere afghanischen Mitbewohner*innen mit ihren Sorgen um ihre von Gefahr und Tod bedrohten Familienangehörigen im von den Taliban beherrschten Heimatland.

In jedem Fall wurde innerhalb der Hausgemeinschaft versucht, sich gegenseitig viel Trost zu spenden und einander zu unterstützen. Was für ein Segen, in solchen traurigen Zeiten nicht allein zu sein! Und wie wohltuend, dass sich die aktuelle Hausgemeinschaft gegenseitig mitträgt.

Das durften auch meine Frau Uta und ich erfahren, als unsere Väter im Mai und September starben. Auch für sie wurde ein Bild aufgestellt und davor eine Kerze angezündet. Wir dürfen alle im Haus unsere Trauer miteinander teilen und können den Trost unserer Hausgemeinschaft erfahren.

Und ebenso durften wir die Freude und Dankbarkeit über 25 Jahre „Haus der Gastfreundschaft“ mit den Festen im August und Oktober miteinander teilen – sowohl mit denjenigen, die aktuell mit uns im Haus wohnen, als mit manchen alten Freund*innen und ehemaligen Mitbewohner*innen. Zum Fest in der Martin Luther King Kirche am 2. Oktober (Danke nochmals an die Gastgeber*innen!) bekamen wir drei wohltuende Grußworte geschenkt, von denen wir zwei auf der Internetseite widergeben (Antje Heider-Rottwilm und Frits ter Kuile).

Wir sind wahrhaftig nicht allein in unserem Engagement für eine bessere, gerechtere Welt. So freuen wir uns sehr mit unserer langjährigen Freundin Antje Holst, die am 3. Oktober, an Erntedank, die Bugenhagenmedaille von der Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs verliehen bekam. Das ist die höchste Auszeichnung für ehrenamtliches Engagement in der Nordkirche und Antje hat sie wahrhaftig verdient! Um es mit Worten der Bischöfin aus der Predigt zur Preisverleihung zu sagen:
Erntedank, das ist ein einziges Hoffnungsgebet mitten in dieser Welt. Mit ihrem Mangel, ihrer Zerrissenheit, ihrer Ungleichheit und mit ihrem Sehnen nach Frieden. Und genau das, liebe Antje, ist ja auch dein Lebensthema. Vom Kampf gegen das drohende atomare Wettrüsten der 1980er bis zur Petition gegen die Rüstungsexporte über den Hamburger Hafen jüngst – das sind über 40 Jahre intensiver Einsatz für mehr Frieden und Gerechtigkeit in der Welt: immer in der ersten Reihe, immer mit Hans-Joachim im Schlepptau, mit Demo-Transparent und in „Clean Clothes“, tapfer mit den Frauen in Schwarz, immer hellwach, lebensmutig und absolut klar. (...) Dass wir solche Menschen in der Nordkirche haben und dass wir heute eine der Überzeugendsten von ihnen ehren – das macht auch mich als Bischöfin stolz.“

Dankbar sind wir auch für die erfreulichen Besuche der letzten Monate in unserem Haus, angefangen mit Julie Holm aus Pennsylvania, die uns neben den Luther-, Paulus- und Jesusstätten als Besuchsziel für ihre Sabbatzeit ausgewählt hatte. Wow, Teil eines solchen Reiseprogramms zu sein, ehrt uns gewaltig! Aber lest selbst auf unserer Internetseite, was sie über ihre Zeit hier zu erzählen hat.

Einen weiteren Besuch aus den USA will ich noch erwähnen, denn Ende Oktober kehrte unser langjähriger Catholic Worker Freund und Friedensaktivist Brian Terrell für ein paar Tage bei uns ein. Wir veranstalteten gleich einen Offenen Abend, bei dem uns Brian von seinem Engagement gegen den Drohnenkrieg der USA am aktuellen Beispiel Afghanistan berichtete. Ich hatte Brian schon Tage zuvor in Volkel, Niederlande getroffen, wo wir beide an einer Aktion gegen die dort stationierten Atombomben teilnahmen, um dann am nächsten Tag gemeinsame Freund*innen bei ihrem Prozess vor dem Landgericht Koblenz wegen einer ähnlichen Aktion am deutschen Atombombenstandort Büchel in der Eifel zu begleiten.

Unfairerweise stand das Urteil schon vor dem Prozess fest und die Richterin weigerte sich beharrlich, internationales Recht als Rechtfertigung für ein gewaltfreies Go-In auf die Luftwaffenbasis als höheres Recht in Betracht zu ziehen. Für sie wog der Hausfriedensbruch schwerer, obwohl sie mündlich anerkannte, dass die Atomwaffen vor Ort illegal seien! Es müssten „mildere Mittel“ zur Anwendung kom-men! Das erinnert an die aktuelle Klimakrise und ihre Bear-beitung auf den internationalen Klimakonferenzen: Sie sagen, sie wollen das 1,5°-Ziel erreichen, aber es darf weder der Energie-, noch der Auto-, noch der Atomlobby weh tun, die jeweils zahlreich in Glasgow als „Influencer“ vertreten waren. Also dann doch gemeinsam in den Abgrund?!

Schutzkonzept
In Abgründe blicken wir auch, wenn wir von den Missbrauchsfällen in der Kirche und an anderen Orten hören und lesen. Und es macht uns bewusst(er), dass wir bei Brot & Rosen in einem Haus leben, in dem wir achtsam mit unseren Beziehungen umgehen wollen – gerade in einem Haus, in dem so viele verschiedene Menschen zusammen leben und untereinander doch ein gewisses Machtgefälle herrscht.

So machten wir uns vor zwei Jahren auf den Weg, ein „Schutzkonzept gegen sexualisierte Grenzüberschreitungen zu erarbeiten. Unterstützt wurden wir dabei von unserer Supervisorin und von einer Fachstelle. Das vorrangige Ziel ist es, dass es nicht zu Situationen sexualisierter Grenzüberschreitung im Haus kommt (Prävention). Die Grundaussage lautet: „Nein heißt Nein!“ Dann aber gehört dazu, sich mit Maßnahmen für den „Fall des Falles“ zu beschäftigen (Intervention). Und als Voraussetzung braucht es die Bereitschaft anzuerkennen, dass all dies überhaupt passieren kann, wozu u.a. eine Risiko- und Schutzanalyse hilfreich ist. Der Prozess der Erarbeitung des Konzeptes ist nun abgeschlossen und wir veröffentlichen es auf unserer Internetseite. Aber was wäre das beste Konzept ohne Umsetzung? Fragt uns also gelegentlich gerne mal nach un-seren Erfahrungen. ■



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Mitleben

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