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Ablehnung des Hiroshima-Mythos der USA längst überfällig

Protest in Büchel zum 16.Juli 2021, Jahrestag des ersten Atombombentests in der Geschichte

von John LaForge/ September 2021

Hiroshima war "ein Militärstützpunkt". Die US-Atombombenabwürfe "beendeten den Krieg" und sie "verhinderten eine Invasion und retteten Leben". Die Atomwaffentests unserer Regierung an Menschen in Hiroshima und Nagasaki vor 76 Jahren wurden mit diesen Mythen rationalisiert / begründet, die wahllose Zerstörung in eine "gute Sache" verwandelten. Diese Mythologie steht der Abschaffung von Atomwaffen im Wege.

Die Geschichte von der "guten Bombe" wird in den Vereinigten Staaten immer noch von vielen geglaubt, weil Präsident Truman jahrzehntelang bewusst Mythen geschaffen hatte. Nach Hiroshima verkündete er: "Die Welt wird zur Kenntnis nehmen, dass die erste Atombombe auf Hiroshima, eine Militärbasis, abgeworfen wurde. Das lag daran, dass wir bei diesem ersten Angriff die Tötung von Zivilist*innen so weit wie möglich vermeiden wollten." 1 In Hiroshima wurden etwa 140.000 Menschen getötet, in Nagasaki weitere 70.000. Fast alle waren Zivilist*innen.

Die Unwissenden können entschuldigt werden, wenn sie diese Tarngeschichte akzeptieren - obwohl sie damals von großen DenkerInnen und SchriftstellerInnen wie Albert Camus und Dorothy Day öffentlich abgelehnt wurde -, denn Dokumente, die bewiesen, dass der Präsident und seine Regierung gelogen hatten, wurden jahrzehntelang geheim gehalten. Eines davon ist die Untersuchung zu „US Strategic Bombing“ vom April 1946, die von Dr. Paul Nitze geleitet wurde, der später Marineminister und noch später Präsidentenberater von Ronald Reagan werden sollte. Nitzes umfangreiche offizielle Regierungsstudie demontierte Trumans Beschönigung und kam zu dem Schluss, dass "Japan auch dann kapituliert hätte, wenn die Atombomben nicht abgeworfen worden wären, wenn Russland nicht in den Krieg eingetreten wäre und wenn keine Invasion geplant oder in Betracht gezogen worden wäre", so der Historiker Gar Alperovitz in seinem Buch The Decision to Use the Atomic Bomb and the Architecture of an American Myth.

Auch der Bericht der nachrichtendienstlichen Einheit im militärischen Geheimdienst des Kriegsministeriums (heute Pentagon) aus dem Jahr 1946 – der erst 1989 entdeckt wurde – kam zu dem Schluss, dass die Atombombenabwürfe zur Beendigung des Krieges nicht notwendig gewesen seien. Die Nachrichtendiensteinheit "kam zu dem Schluss, dass es 'fast sicher war, dass die Japaner beim Eintritt Russlands in den Krieg kapituliert hätten'", heißt es in The Decision (Die Entscheidung).

Das Urteil von Generalmajor Curtis LeMay, das er sechs Wochen nach Nagasaki fällte, war noch deutlicher. General LeMay war Chef des 21. Bomberkommandos und leitete die Brandbombenangriffe auf Osaka, Tokio und 58 weitere japanische Städte. Am 20. September 1945 sagte LeMay auf einer Pressekonferenz in New York, über die in der Zeitung The New York Herald Tribune berichtet wurde: "Auch ohne den Einmarsch der Russen und ohne die Atombombe wäre der Krieg in zwei Wochen vorbei gewesen." Ein überraschter Reporter fragte: "Haben sie nicht wegen der Atombombe kapituliert?", woraufhin LeMay antwortete: "Die Atombombe hatte überhaupt nichts mit dem Ende des Krieges zu tun."

Seit 76 Jahren wird nun schon darüber diskutiert, ob die Einäscherungen von Hiroshima und Nagasaki ethisch vertretbar waren. Trumans geschickte Täuschung, dass die Massenvernichtung "Leben rettete", hat lange Zeit die (zuvor als geheim eingestuften) historischen Aufzeichnungen sowie die Stimmen hochrangiger Kritiker verdeckt, die die große Lüge ablehnten. Brigadegeneral Bonnie Feller schrieb 1945: "Weder die Atombombenabwürfe noch der Eintritt der Sowjetunion in den Krieg zwangen Japan zur bedingungslosen Kapitulation.2 Präsident Eisenhower sagte: "Erstens waren die Japaner bereit, sich zu ergeben, und es war nicht nötig, sie mit diesem schrecklichen Ding zu treffen."3 Admiral William Leahy, Trumans Stabschef, sagte später: "Ich bin der Meinung, dass der Einsatz dieser barbarischen Waffen in Hiroshima und Nagasaki in unserem Krieg gegen Japan keine wesentliche Hilfe war."

Um auf Paul Nitze zurückzukommen: Nach 43 Jahren in Regierungsämtern, in denen er für Atomwaffen geworben hatte, kam er 1999 dazu zurück, alle verbleibenden Rechtfertigungen für Atomwaffen zunichte zu machen, so wie er schon 1946 mit der Untersuchung zu „Strategic Bombing“ Trumans Hiroshima-Mythos zerschlagen hatte. In der New York Times schrieb er: "Ich sehe keinen zwingenden Grund, warum wir uns nicht einseitig von unseren Atomwaffen trennen sollten. Sie beizubehalten ... trägt nichts zu unserer Sicherheit bei. ... Ich kann mir keine Umstände vorstellen, unter denen es für die USA klug wäre, Atomwaffen einzusetzen, auch nicht als Vergeltung für deren früheren Einsatz gegen uns."4

Heute wird der weltweite Ruf nach der Abschaffung von Atomwaffen durch das Inkrafttreten des Vertrags über das Verbot von Atomwaffen 2017 noch lauter. Damit haben wir eine neue Chance, uns von den Märchen über die Gräueltaten vom 6. und 9. August zu verabschieden, die unnötigen Kosten ständiger nuklearer Drohungen ("Abschreckung") zu beseitigen, unseren radioaktiven Terrorismus zu beenden und unser Atomwaffenarsenal endlich abzuschaffen.

John LaForge ist Co-Direktor von Nukewatch in den USA. Wir kennen John von Aktionen gegen die Atombomben in Büchel, Eifel und schätzen ihn als Experten und Aktivisten.

Anmerkungen:
1: Howard Zinn, A People’s History of the United States, HarperCollins, 1980, p. 415
2: Barton J. Berstein, The New York Times, Op-Ed, 31.1.1995
3: Richard Rhodes, The Making of the Atomic Bomb, Simon & Schuster, 1988, p. 688
4: Paul H. Nitze, “A Threat Mostly to Ourselves,” New York Times, Op-ed., 28.10.1999



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